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Legasthenie oder Lese-Rechtschreib-Störung

Schüler
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Legasthenie ist eine Lernschwäche, die sich vor allem in Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben äußert. Die Ursachen sind vielfältig und umfassen sowohl biologische als auch umweltbedingte Faktoren, mehr dazu später.

fröhliches Kind

Lesen und Schreiben gelten als Schlüsselkompetenzen, die für den Bildungserfolg und die allgemeine Entwicklung einer Person von großer Bedeutung sind.

Sowohl das Lesen als auch das Rechtschreiben sind nicht nur grundlegende Fähigkeiten für den schulischen Erfolg, sondern auch für die persönliche und berufliche Weiterentwicklung. Sie ermöglichen es, Informationen zu verstehen, Ideen zu kommunizieren, selbstständig zu lernen und sich in der heutigen informationsreichen Gesellschaft gut zurechtzufinden!

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Unzureichende Lese- und Rechtschreibkompetenzen wirken sich negativ auf die Psyche aus.

  • Kinder, die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben, tendieren dazu, ein geringes Selbstwertgefühl zu entwickeln - besonders wenn sie ihre Schwierigkeiten im Vergleich zu ihren Altersgenossen bemerken.
  • Anhaltende Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben können Frustration und Entmutigung auslösen. Das ständige Bemühen, den Anforderungen in der Schule gerecht zu werden, führt zu Stress.
  • Und aus Angst, Fehler zu machen oder öffentlich bloßgestellt zu werden, entwickeln mit Legasthenie häufig Vermeidungsstrategien, um Lese- und Schreibaufgaben auszuweichen.
  • Dies kann zur Folge haben, dass sich Kinder aus sozialen Interaktionen zurückziehen, um ihre Schwierigkeiten zu verbergen.

Es gibt also ausreichende Gründe, sich intensiver mit den Problemen beim Erwerb der Schriftsprache zu befassen.

Erscheinungsbild der Legasthenie

Schwächen beim Lesen

Lesen
  • Eingeschränkte Lautverschmelzung – Das Kind liest Buchstaben als Einzellaute
  • Worte oder Wortteile werden ausgelassen, ersetzt oder hinzugefügt
  • Probleme beim Lesestart, langes Zögern oder das Auslassen von Zeilen im Text
  • Auswechseln von Wörtern innerhalb eines Satzes oder von Buchstaben innerhalb eines Wortes
  • Austausch von Wörtern durch Wörter mit ähnlicher Bedeutung oder ähnlichem Klang  bzw. „Wörter erraten“
  • Langsames Lesen
  • Monotones Lesen, schwacher Leserhythmus
  • Gelesenes kann nicht wiederholt werden
  • Zusammenhänge in Texten werden nicht erkannt, Schwierigkeiten bei Schlussfolgerungen
  • Sehr niedrige Lesegeschwindigkeit
  • Nicht sinnhaftes Betonen beim Vorlesen
  • Keine Lust zum Lesen

Schwächen in der Rechtschreibung

Schreiben
  • Probleme beim Schreiben von Buchstaben, Wörtern und Sätzen
  • Verwechslung von Buchstaben
  • Klangähnliche Laute werden verwechselt
  • Buchstaben, Silben und Wörter werden ausgelassen oder vertauscht
  • Hinzufügung von „falschen“ Buchstaben
  • Schwierigkeiten bei Dopplungen, Schärfungen und Dehnungen
  • Viele Rechtschreibfehler, insbesondere bei ungeübten Diktaten oder beim Schreiben von Aufsätzen
  • Rechtschreibfehler auch bei geübten Wörtern
  • Unterschiedliche falsche Schreibweisen eines Wortes
  • Viele Rechtschreib-, Grammatik- und Interpunktionsfehler beim Abschreiben
  • Schwierigkeiten bei Konsonantenhäufung
  • Probleme bei der Groß- und Kleinschreibung
  • Schwer lesbare Handschrift
  • Keine Lust auf Schreiben

Sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in der pädagogischen und psychologischen Praxis werden verschiedene Bezeichnungen für Probleme beim Schriftspracherwerb verwendet, darunter:

  • Legasthenie,
  • Lese-Rechtschreib-Störung,
  • Lese-Rechtschreib-Schwäche und
  • Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten

Alle oben genannten Begriffe beziehen sich auf Lese-, und Rechtschreibprobleme, die nicht auf eine geistige Behinderung oder mangelnden Unterricht des Kindes zurückzuführen sind. Ausgeschlossen sind auch Kinder, die über kein ausreichendes mündliches Verständnis der betreffenden Sprache verfügen sowie Kinder mit schweren Sinnesbeeinträchtigungen wie Schwerhörigkeit oder starker Sehbeeinträchtigung. Über diese Diskrepanzkriterien herrscht in der Fachwelt weitgehend Übereinstimmung. Unterschiedliche Meinungen gibt es bei der Frage, ob die Intelligenz bei der Diagnose berücksichtigt werden soll oder nicht.

Begriffserklärungen aus Schulte-Körne, G. (2021) Lese-/Rechtschreibstörung. Kohlhammer. Stuttgart

Lesestörung: In der Medizin und Psychologie verwendeter Begriff und Störungskonzept. Steht für eine stark ausgeprägte, andauernde Beeinträchtigung im Lesen, die eine neurobiologische Ursache hat.

Rechtschreibstörung: In der Medizin und Psychologie verwendeter Begriff und Störungskonzept. Steht für eine stark ausgeprägte, andauernde Beeinträchtigung in der Rechtschreibung, die eine neurobiologische Ursache hat.

Lese- und Rechtschreibstörung: In der Medizin und Psychologie verwendeter Begriff und Störungskonzept. Steht für eine stark ausgeprägte, andauernde Beeinträchtigung im Lesen und in der Rechtschreibung, die eine neurobiologische Ursache hat.

Lese- und Rechtschreibschwäche: In der Pädagogik und Schule verwendeter Begriff für Probleme im Erlernen des Lesens und Rechtschreibens, unabhängig von der Ausprägung und Dauer. Ursächlich werden schulische Faktoren angenommen.

Legasthenie: Historischer Begriff für eine genetisch verursachte Schwäche im Lesen verbunden mit Rechtschreibschwierigkeiten. Neurobiologische Ursachen sind wahrscheinlich.

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Bei der Unterstützung betroffener Kinder ist es aber nicht relevant, ob eine Legasthenie aufgrund einer höheren Intelligenz im Vergleich zur Lese- bzw. Rechtschreibkompetenz oder eine LRS anhand leistungsbezogener Lese- und Rechtschreibtests diagnostiziert wurde. Beide Gruppen profitieren von einem gezieltem Lese- und Rechtschreibtraining, so die Studie von Weber, Marx und Schneider (2002) [1]

In der Literatur wird häufig der Sammelbegriff LRS für das Versagen beim Erwerb der Schriftsprache verwendet, unabhängig davon, ob primär Lese- oder Rechtschreibprobleme untersucht und festgestellt wurden. Aber es ist nicht immer der Fall, dass die Schwierigkeiten beim Lesen- und Schreibenlernen gemeinsam auftreten. Bei manchen Kindern können sie isoliert in Erscheinung treten, das heißt, sie haben Schwierigkeiten beim Lesen, aber nicht bei der Rechtschreibung oder umgekehrt. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, je nach Situation nur von Leseschwäche (LS) oder Rechtschreibschwäche (RS) zu sprechen.

Was können Eltern tun?
Eltern, die vermuten, dass ihr Kind von einer LRS betroffen ist, sollten vorab klären, ob es keine zusätzliche Ursache für die Schwierigkeiten gibt, wie beispielsweise Seh- oder Hörprobleme. Falls ein Verdacht besteht, gibt es die Möglichkeit, sich an den Schulpsychologischen Dienst, einen Kinder- und Jugendpsychotherapeuten oder -psychiater sowie an Fachinstitute zu wenden. Im Zuge der Untersuchung werden standardisierte Tests zur Überprüfung der Lese-, Sprach- und Schreibfähigkeiten sowie der Intelligenz durchgeführt. Wird die Diagnose „Legasthenie“ gestellt, können Eltern eine Lerntherapie beantragen. Zudem ist es sinnvoll, die Schule auf dem Laufenden zu halten. Anschließend können die Lehrer*innen gezielter fördern und bei der Benotung Rücksicht nehmen. Des Weiteren bieten zahlreiche Schulen Unterstützungsunterricht für betroffene Kinder. Bitte wenden Sie sich an die Schulleitung, um einen Nachteilsausgleich zu beantragen. In Deutschland bietet der Bundesverband für Legasthenie und Dyskalkulie kostenlose Beratung für Eltern an und veranstaltet Treffen, um sich auszutauschen.
In Österreich kann man sich an die Schulpsychologie der Bildungsdirektionen der Bundesländer wenden. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.schulpsychologie.at/lrs.

Quelle:
1) Profitieren Legastheniker und allgemein lese-rechtschreibschwache Kinder in unterschiedlichem Ausmaß von einem Rechtschreibtraining?


Legasthenie-Diagnose / Feststellung

LRS-Test

Betroffene Kinder sollten von Fachkräften untersucht werden, um festzustellen, ob eine Legasthenie gemäß ICD-11 vorliegt. Zu der Gruppe der Fachkräfte zählen Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Kinder- und Jugend-Psychotherapeuten bzw. Ärzte oder Psychotherapeuten mit einer entsprechenden Fortbildung. Die Diagnose setzt sich in der Regel aus folgenden Modulen zusammen:

  • Verhaltensuntersuchung und Check der psychischen Gesundheit
  • Standardisierte Lese- und Rechtschreibtests
  • Intelligenztest zur Ermittlung des nichtsprachlichen IQs
  • Entwicklungsstand inkl. körperlicher und neurologischer Befundaufnahme (z.B. Hör- und Sehfähigkeit)
  • Überprüfung der phonologischen Bewusstheit
  • Ermittlung der aktuellen Familien- und Schulsituation
  • Unter Umständen ein Rechentest zum Ausschluss einer oftmals gleichzeitig auftretenden Dyskalkulie

S3-Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung von Kindern mit LRS
Seit 2015 gibt es die S3-Leitlinie, welche evidenz- und konsensbasierte Empfehlungen zu Diagnostik und Behandlung von Lese- und/oder Rechtschreibstörung enthält, siehe: lmu-klinikum.de

Was können Lehrkräfte tun?
Sie können Kinder mit Legasthenie den Schulalltag durch Sonderregelungen und Rücksichtnahme erheblich einfacher machen. Das Ziel in der Grundschule ist es, Kindern mit LRS den Besuch einer weiterführenden Schule zu ermöglichen, die ihrer Intelligenz entspricht. Betroffene Kinder sollten nahe an der Tafel platziert werden, damit sie nicht abgelenkt werden. Es ist nicht empfehlenswert, Kinder dazu zu zwingen, vorzulesen oder an der Tafel schreiben zu lassen. Gleichzeitig stärkt Lob für kleine Fortschritte das Selbstvertrauen, während der Hinweis auf jeden kleinen Fehler das Gegenteil bewirkt. Es ist ratsam, individuelle Regeln zum Ausgleich von Nachteilen für Klassenarbeiten oder Klausuren zu vereinbaren. Wenn Sie als Lehrkraft Aufgaben zusätzlich vorlesen, hilft es den Kindern. Außerdem sollte betroffenen Kindern und Jugendlichen mehr Zeit für die Erledigung von Aufgaben eingeräumt werden. Einige Schulen bewerten nicht die Orthografie, sondern nur den Inhalt und den Stil von Aufsätzen. Es kann auch eine separate Vereinbarung bezüglich der Hausaufgaben getroffen werden. Experten empfehlen, wenn das Kind bereits eine Lerntherapie besucht, dass Sie als Lehrerkraft und die/der Therapeut/in zusammenarbeiten oder sich häufiger austauschen. In Österreich ist der schulische Umgang mit Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten in folgendem Erlass geregelt.

Komorbiditäten (gemeinsames Auftreten weiterer Auffälligkeiten)

  • Spezifische Sprachentwicklungsstörung
    und Legasthenie sind zwei unterschiedliche, aber oft miteinander verbundene Bereiche von Lernschwierigkeiten. Spezifische Sprachentwicklungsstörungen beziehen sich auf Probleme beim Verstehen oder dem Gebrauch von gesprochener Sprache, die nicht mit einer allgemeinen Entwicklungsverzögerung, einem Hörverlust oder anderen neurologischen oder kognitiven Erkrankungen zusammenhängen. Das bedeutet, dass Kinder, die eine Sprachentwicklungsstörung haben, auch ein erhöhtes Risiko haben, Legasthenie zu entwickeln. Dies liegt daran, dass beide in den Bereichen Phonologie (dem Verständnis und Gebrauch von Klängen in der Sprache) und Morphologie (dem Verständnis und Gebrauch von Wortformen) zusammenhängen. Zwischen 30% und 50% der Kinder mit LRS sind auch sprachentwicklungsgestört.
  • DyskalkulieDyskalkulie
    Es gibt eine gewisse Komorbidität zwischen LRS und Dyskalkulie, dazu gibt es eine gute Datenlage von Landerl und Moll (2009). Innerhalb des strengeren Kriteriums bei den Standardabweichungen hatten 22,7 % der Rechtschreibschwachen und 25,9 % der Leseschwachen auch Schwierigkeiten in Mathematik.
  • ADHS
    Studien zeigen, dass es eine erhebliche Komorbidität zwischen LRS und ADHS gibt. Insbesondere wird der unaufmerksame Subtyp (ADS) mit LRS assoziiert. Schätzungsweise 15% bis 40% der Menschen mit ADHS haben auch LRS, und etwa 25% der Menschen mit LRS haben ADHS. Diese Zahlen können jedoch je nach den spezifischen Diagnosekriterien und der untersuchten Population variieren. [2]

Quellen:
2) Willcutt und Kollegen (2001)
Scheerer-Neumann, Gerheid (2018): Lese-Rechtschreib-Schwäche und Legasthenie. Stuttgart: Kohlhammer

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Legasthenie-Ursachen

LRS tritt in allen Altersgruppen und Kulturen auf und man schätzt, dass mehr als 5% der Bevölkerung betroffen sind. Sowohl biologische als auch soziokulturelle Faktoren spielen eine Rolle bei der Entstehung und dem Verlauf.

Biologische Faktoren

LRS scheint in Familien gehäuft aufzutreten, was darauf hindeutet, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen. Hat ein Elternteil Legasthenie, ist in mehr als 40 Prozent der Fälle eines der Kinder ebenfalls betroffen. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass mehrere Gene beteiligt sind, die das Risiko für LRS erhöhen.

Bisher sind mehr als 20 verschiedene Gene oder Genorte bekannt, die für die Entstehung einer Legasthenie verantwortlich sein dürften. Gemeinsam mit Forschungseinrichtungen in Deutschland und den USA haben Wissenschaftler der JMU und des Würzburger Universitätsklinikums die Liste im Jahr 2020 um einen weiteren Eintrag ergänzt.[3] Sie haben einen neuen Genort auf einem Chromosom in einer gut dokumentierten Familie nachgewiesen, in der Legasthenie über vier Generationen hinweg auftritt.

Laut Professor Tiemo Grimm entstehe die Legasthenie in engem Zusammenhang mit der biologischen Reifung des zentralen Nervensystems, wobei Besonderheiten der auditiven und der visuellen Informationsverarbeitung sowie vmtl. auch der zeitlichen Vorgänge im zentralen Nervensystem eine Rolle spielen. Ein großer Teil der Kinder mit Legasthenie zeige Schwächen in der „phonologischen Bewusstheit“ und könne zum Beispiel den Laut „u“ vom Laut „o“ nicht unterscheiden.[4]
Die phonologische Bewusstheit bezieht sich auf die Fähigkeit, die Klangeinheiten (Phoneme) in gesprochenen Wörtern zu erkennen und zu verändern. Diese Fähigkeit ist ein wichtiger Baustein für das Lesen und Schreiben, da sie Kindern hilft, den Zusammenhang zwischen gesprochenen und geschriebenen Wörtern zu verstehen.

Die Legasthenie-Forschung ist ein aktives und sich schnell entwickelndes Gebiet, und es gibt immer noch viel, was man über die genauen neurobiologischen Mechanismen, die der Legasthenie zugrunde liegen, nicht weiß. Doch die Fähigkeiten zur Durchführung molekulargenetischer Analysen haben sich in den letzten Jahren erheblich verbessert, weshalb bald weitere Entdeckungen zu erwarten sind. Es ist momentan unklar, ob und wie diese Erkenntnisse die Behandlung und Prävention von LRS beeinflussen werden.

Soziokulturelle Faktoren

Faktoren wie die soziale Herkunft eines Kindes und der Bildungsstand seiner Eltern wirken sich auch auf seine Lese- und Rechtschreibleistung aus. Diese Faktoren können je nach Ausprägung als Schutz- oder Risikofaktoren wirken. Familien mit geringerem sozioökonomischem Status haben möglicherweise weniger Zugang zu Büchern oder zu Ressourcen wie Nachhilfe, spezialisierten Bildungsprogrammen oder psychologischen Diensten. Familien, die eine positive Lernumgebung schaffen und Lese- und Schreibfähigkeiten fördern, tragen dazu bei, die Auswirkungen von Legasthenie zu mildern. Gleichzeitig verschärfen Stress oder Instabilität zu Hause die Lernschwierigkeiten.

Check im Vorschulalter

Das Bielefelder Screening zur Früherkennung von Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (BISC) ist der bekannteste Legasthenie-Vorschultest. Es ist für Kinder im letzten Vorschuljahr geeignet und dauert ungefähr 25 bis 35 Minuten. Es werden die untenstehenden Leistungsbereiche getestet.

Phonologische Bewusstheit: Zu den Aufgaben der phonologischen Bewusstheit gehören das Erkennen von Reimen, das Unterteilen von vorgesprochenen Wörtern in Silben durch Silbenklatschen und das Wiedererkennen von vorgesprochenen (Doppel-)Vokalen in Wörtern.

Abrufen von Lautinformationen aus dem Langzeitgedächtnis: Wenn Obst- und Gemüsesorten in Schwarz-Weiß dargestellt werden, schnell die richtige Farbe benennen und wenn Objekte farbig falsch dargestellt werden, die korrekte Farbe angeben.

Gedächtnisspanne: Nachsprechen von Pseudowörtern - das Kind sollte verschieden lange und unbekannte Silbenfolgen kurzfristig behalten und korrekt nachsprechen.

Visuelle Aufmerksamkeit: Bei Suchaufgaben mit Wortvergleich soll das Kind anhand eines Schriftbildes ein vorgegebenes Wort mit vier Buchstaben unter vier möglichen Antworten wiederfinden.

Quellen:
3) Neuer Locus und Kandidatengen für familiäre Legasthenie auf Chromosom 4q
4) Legasthenie: Neues Gen identifiziert


Psychische Belastungen

Im Fokus aktueller Studien sind internale und externale Störungen, der Selbstwert sowie Konzentrationsprobleme und Hyperaktivität. Folgen einer LRS bezeichnet man als Sekundärsymptome. Es gilt zu beachten, dass die im Zusammenhang mit LRS beobachteten Belastungen und Verhaltensauffälligkeiten nicht zwangsläufig eine Folge des Versagens sein müssen.

Soziale Auffälligkeiten wie aggressives und dissoziales Verhalten, das sich gegen Lehrer*innen, Eltern oder andere Kinder richtet, werden als externale Störungen bezeichnet. Internale Störungen umfassen sozialen Rückzug, körperliche Beschwerden sowie Angst und Depression.

Kinder mit LRS können eine Reihe von emotionalen und psychologischen Herausforderungen erleben, die mit ihren Lernschwierigkeiten zusammenhängen. Es ist wichtig zu wissen, dass nicht alle diese Probleme haben, aber sie treten häufiger auf als bei Kindern ohne LRS. Gibt es im Unterrichtsfach Mathematik zusätzlich Schwierigkeiten, ist das Risiko der Entwicklung von sozial-emotionalen Problemen erhöht.


Mehr Details zu den psychischen Belastungen


Wie funktioniert ein erfolgreiches LRS-Training?

LRS-Training

Die Durchführung eines gezielten Lese- und Rechtschreibtrainings, das auf der genauen, am Stufenmodell orientierten, Bestimmung der individuellen Stärken und Schwächen des Kindes basiert, hilft beim erfolgreichen Schriftspracherwerb. Stufenmodelle sind ein Ansatz, der die Entwicklung von Lesen und Schreiben in aufeinander aufbauenden Stufen darstellt, siehe: 4 Stufenmodelle der Schriftsprachentwicklung.pdf

Im Zuge des LRS-Trainings kommen spezielle Übungen zum Einsatz, um die basalen Prozesse der Laut-Buchstaben-Zuordnung und umgekehrt systematisch zu trainieren. Primär kommen Stift und Papier zum Einsatz, die Verwendung von Software bringt (zumindest derzeit) noch nicht ähnlich gute Ergebnisse. Vgl. Interview mit Konrad Paul Liessmann

Lernspiele (physisch oder digital) sorgen für das lustbetonte Vertiefen von bereits Gelerntem im Gedächtnis.

Lernstrategien und Arbeitstechniken

Die Vermittlung von Lernstrategien und Arbeitstechniken ist ein effektiver Weg, um Kinder mit LRS oder Legasthenie zu unterstützen. Diese Strategien können das Selbstvertrauen des Kindes stärken und es befähigen, selbständiger zu lernen. Hier sind einige Beispiele:

  • Visuelle Strategien: Manche Kinder profitieren von visuellen Hilfsmitteln, wie z.B. Karten, Diagrammen oder farbigen Markierungen, um Wörter und ihre Struktur besser zu verstehen.
  • Gedächtnisstrategien: Mnemonik-Techniken, wie zum Beispiel das Erstellen von Bildern oder Geschichten, die mit bestimmten Wörtern oder Buchstaben assoziiert sind, können Kindern helfen, Informationen besser zu speichern und abzurufen.
  • Planungs- und Organisationsstrategien: Das Erlernen von Techniken zur Planung und Organisation der Arbeit kann Kindern helfen, ihre Aufgaben effizienter zu bewältigen. Dies kann das Erstellen von To-Do-Listen, das Festlegen von Prioritäten oder das Planen von Pausen beinhalten.
  • Metakognitive Strategien: Das sind Strategien, die das Kind dazu befähigen, seinen eigenen Lernprozess zu reflektieren und zu steuern. Das kann zum Beispiel das Setzen von Lernzielen, das Überwachen des eigenen Verständnisses oder das Anpassen von Strategien bei Schwierigkeiten beinhalten.
  • Entspannungs- und Stressbewältigungstechniken: Techniken wie Achtsamkeitsübungen, Atemübungen oder progressive Muskelentspannung können dabei helfen, Stress abzubauen und die Konzentration zu verbessern.

Psychotherapeutische Arbeit

Falls psychische Belastungen in Erscheinung treten, sollten diese im Rahmen einer therapeutischen Intervention durch entsprechende Fachkräfte bearbeitet werden.

Verbindung zur realen Welt

Zeigen Sie Ihrem Kind, wie Schriftsprache in alltäglichen Situationen verwendet wird. Zum Beispiel beim Lesen von Rezepten, beim Schreiben einer Einkaufsliste, beim Lesen von Verkehrsschildern oder beim Schreiben einer E-Mail an einen Freund.


Mehr Details zu den Lernzielen im Schriftspracherwerb


Weitere Tipps für Eltern

Es ist von großer Bedeutung, dass Sie Ihr Kind frühzeitig individuell unterstützen, um die Freude am Lernen und den Anschluss an den Unterricht zu erhalten. Wir raten Eltern, so schnell wie möglich Unterstützung zu suchen, damit die Förderung beginnen kann. Die Motivation des Kindes steigt, wenn bemerkt wird, dass Fortschritte im Lernen gemacht werden, und Misserfolge können besser verdaut werden.


Mehr Tipps für Eltern





Dieser Artikel wurde gegengelesen von der Expertin:

LRS-Experting Mag.a Claudia Dietrich
AHS-Professorin am Evangelischen Gymnasium in Wien
Psychologie und Philosophie
Schüler*innen und Bildungsberatung
Geprüfte LRS-Trainerin



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